Die beste Preisstrategie, die zur optimalen Preisgestaltung führt, ist für jedes Unternehmen maßgebend, um den Markterfolg zu sichern.
Der 4-Länder Marketing Club Lago am schönen Bodensee veranstaltete daher zu diesem Thema das 9. #MCLago Webevent mit Expertin Kathrin Härle (Bosch) zum Thema Preisstrategie und Preisgestaltung.
In dieser Zusammenfassung fokussieren wir auf 3 wichtige Fragen zum Thema Preisstrategie und Preisgestaltung:
- Preismodelle: Was ist heute anders?
- Wertvorstellungen: Welchen Einfluss haben Funktionalität und Emotionalität eines Produktes auf die Preisakzeptanz?
- Preisakzeptanz: Wie nutzen wir den Ablenkungsmanöver-Effekt (“decoy”)?
Nächste Veranstaltung beim Marketing Lago Montag den 23 Nov. 2020.
Mehr Details zum Thema “New Work, gleich jetzt anmelden.“
Letzts Webinar für das Jahr 2020 zum Thema 8 Dez. Dienstag: Effektives Newsletter Marketing finden Sie auf unserer Events Seite.
Kathrin Härle – Preisexpertin von Bosch – war unser Webinar Gast. Zur Vertiefung zu diesem Thema empfehlen wir das neueste Buch von Kathrin:
- Härle Kathrin (2020) Die Pricing Power Formel (Deutsch). Gleich hier bestellen auf https://kathrin-haerle.com/buch/ (Bitte den Rabattcode PricingPower nutzen).
Inhaltsverzeichnis
I. Preismodelle und Entscheidungskriterien
Je nach Produkt und Verkaufskanal unterscheiden sich Preismodelle markant. Dabei hat sich das Freemium Modell erfolgreich etabliert. Dieses wird heute auch z.B. beim Verkauf von Software-as-a-Service (SaaS) in der Cloud eingesetzt (beispielsweise Dropbox, Salesforce & Adobe).
Ein neuer Trend ist dabei, die Möglichkeiten beim Freemium Modell über die Zeit hinweg einzuschränken. Das geschieht zum Beispiel, indem der Anbieter die Anzahl möglicher Nutzer mit Login für den Service unter einem Account reduziert (Bsp. Mailchimp). Das ist verständlich, denn nur dank Einnahmen sind wir in der Lage, Miete zu bezahlen und die Investoren bei Laune zu halten.
Ein Preismodell beschreibt, wie ein Unternehmen seine Leistung monetarisiert, was also der Trigger für den Zahlungsfluss von dem Kunden an das Unternehmen ist.
Bei Modeaccessoires wie einer Handtasche ist der psychologische Aspekt vielleicht wichtiger als bei einem Schrauenzieher oder Werkzeuge für einen Betrieb. Alternative Preismodelle werden heute immer beliebter vom Auto bis hin zur Wohnung, welche wir samt Ausstattung inklusive Bettwäsche mieten können. Sogar Bettmatratzen gibt es heute mit einem Preismodell. Dies funktioniert gemäss Nutzung der Matratze. Kurz, Hotels bezahlen für die Bettmatratze nur für heute Nacht, wenn dann auch ein Gast darauf schläft.
II. Preisstrategie: Welcher Preis ist der beste?
Wenn wir uns dann einmal sicher sind, welches Preismodell oder welche Preisstrategie für uns die Beste ist, stellt sich die Frage des Preises. Dabei ist es falsch, einen zu tiefen Preis zu verlangen, d.h. das Produkt unter dem vom Kunden empfundenen Wert zu verkaufen. Aber auch ein zu hoher Preis ist alles andere als zielführend, denn das könnte uns der Kunde übel nehmen. Von den niedrigen Verkaufszahlen brauchen wir hier nicht noch extra zu sprechen.
Der Wille, für ein Produkt den gesetzten Preis zu bezahlen, hängt insbesondere von 3 Faktoren ab:
- Funktionalität (z.B. Alleinstellungsmerkmale des Produktes),
- Emotionalität und
- Ethik.
Bei hedonischen Produkten wie Luxusgüter nutzen Konsumenten Social Media oder auch Blogs, um Informationen über das Produkt zu finden, bevor sie zum Kauf schreiten. Auch die Webseite des Unternehmens selbst wird 2 Wochen vor dem Kauf intensiv genutzt.
Bei utilitaristischen Produkten wie Schrauben oder Büromaterial werden vermehrt Produkt-Reviews genutzt. Auch Suchmaschinen und Webseiten von Grosshändlern und Herstellern werden vom potenziellen Käufer zu Rate gezogen, bevor sie sich für den Kauf entscheiden.
Kathrin Härle empfiehlt im B2B-Bereich beim Pricing ganz besonders auf die 3 folgenden Punkte zu achten, die den wahrgenommenen Wert eines Produktes oder einer Dienstleistung stark beeinflussen:
- Inwiefern trägt mein Angebot dazu bei, dass mein Kunde seine Ziele erreicht?
- Wie viel Geld kann mein Kunde durch mein Angebot sparen?
- In welchem Umfang kann der Kunde seine Umsätze und Gewinne durch mein Angebot erhöhen?
Kathrin Härle erklärte uns im Webinar ebenfalls mit Beispielen, weshalb bei funktionalen Produkten eher Sachliches eine wichtige Rolle spielt. Bei Kosmetik dagegen sind es oftmals psychologische Faktoren, die die Preisakzeptanz und Kaufentscheidung ausschlaggebend beeinflussen.
Leseempfehlung: Li, Jingjing, Abbasi, Ahmed, Cheema, Amar & Abraham Linda B. (2020-03). Path to purpose? How online customer journeys differ for hedonic versus utilitarian purchases. Journal of Marketing. Aufgerufen am 10 Oktober 2020 auf https://journals.sagepub.com/doi/full/10.1177/0022242920911628 Slides auf https://www.slideshare.net/AMA-Journals/path-to-purpose-how-online-customer-journeys-differ-for-hedonic-versus-utilitarian-purchases?ref=https://www.ama.org/2020/07/24/path-to-purpose-how-online-customer-journeys-differ-for-hedonic-versus-utilitarian-purchases/
III. Einfluss von Irrationalität auf die Preisakzeptanz
Emotionen sind ein wichtiger Faktor im B2C-Marketing und dem Sales Funnel für Luxusprodukte wie z.B. Schmuck oder Mode. Im B2B-Bereich geht es eher um “value selling”. Wichtig ist hier auch die Preismacht, die das Unternehmen besitzt.
Zur Illustration dieses Faktors nutzte Katrin Härle ein Zitat von Warren Buffett (2020-05-26):
The single most important decision in evaluating a business is pricing power. If you’ve got the power to raise prices without losing business to a competitor, you’ve got a very good business. And if you have to have a prayer session before raising the price by 10 percent, then you’ve got a terrible business.
Warren Buffett, 2010-05-26 see http://fcic.law.stanford.edu/interviews/view/19
Im B2B-Umfeld hängt die Zahlungsbereitschaft davon ab, in welchem Umfang man seine Kunden bei der Erreichung ihrer Ziele unterstützt.
Neben der Preismacht gibt es zudem auch noch Methoden, welche man mit Hilfe vom Ankerpreis oder einem sogenannten Ablenkungsmanövers (“decoy offer”) nutzen kann. Diese sollen dabei helfen, den Kunden dazu zu bringen, ein Produkt mit einem besseren Deckungsbeitrag zu kaufen.
Daniel Ariely hat dazu Daten erhoben, die zeigen (siehe Grafiken unten) wie Studenten die Abomöglichkeiten von einer Zeitung wie der Economist auswählen.
Dazu führte Ariely Tests mit Studenten durch. Er liess die Studenten zwischen einer Papierausgabe der Zeitung und der digitalen Version entscheiden. Danach führte er in seinen Versuchen eine dritte Option ein, die die digitale Version UND die gedruckte Ausgabe der Zeitung (gleicher Preis wie nur die gedruckte Ausgabe) ermöglichte. Die Zeitung will natürlich sicherstellen, dass die gedruckte Version trotz Digitalisierung weiterhin über 500,000 Abonnenten hat. Der Verkauf der gedruckten Ausgabe ist deshalb so wichtig, da die Einnahmen aus im Print veröffentlichter Werbung diejenigen der digitalen Ausgabe um ein Mehrfaches übersteigen.
Im Wesentlichen schafft das Aufzeigen von alternativen Optionen, anstatt nur die gedruckte Ausgabe zu abonnieren, dem Lockvogel einen einfachen, relativen Vergleich:
- Abo der digitalen Ausgabe oder nur
- die gedruckte Ausgabe im Jahresabo im Vergleich zum
- Allespacket = digitale und gedruckte Ausgabe zum Preis der gedruckten Ausgabe!
Es lässt die letzte und vom Unternehmen bevorzugte Option somit besser aussehen, nicht nur in Bezug auf die gedruckte Ausgabe und deren Preis, sondern auch insgesamt (d.h. im Vergleich zur digitalen Version). Folglich führt die Aufnahme vom Abo der nur gedruckten Ausgabe ins Vergleichsset (auch wenn es nie jemand auswählt) dazu, dass die Menschen die digitale/gedruckte Option eher zu ihrer endgültigen Wahl machen (Ariely, 2008, S.11-13).
Kathrin Härle Vortrag beim #MCLago: The Economist versucht, mir die digitale Version des Abonnements schmackhaft zu machen. Kathrin Härle Vortrag beim #MCLago: The Economist erreicht, dass Käufer den Digital UND Print bevorzugen – siehe Dan Ariely, Predictably Irrational
Dieser Ködereffekt findet sich auch oft im Softwaregeschäft, z.B. bei Mailchimp, welches uns 4 Optionen anbietet. Diejenige Option, die empfohlen wird, wird gelb markiert (sie wird auch am häufigsten gekauft).
Der #drkpiPageTracker unseres Unternehmens bietet ebenfalls drei Versionen für das Produkt. Ziel ist dabei, möglichst viele Pro Nutzer zu bekommen, wie der Screenshot unten aufzeigt.
Leseempfehlung: Ariely, Dan (2009). Predicably irrational (revised and expanded edition). The hidden forces that shape our decisions. New York: Harper Perennial. Beschrieb: https://danariely.com/books/predictably-irrational/
IV. Schlussfolgerungen
Bevor wir ein neues Produkt im Markt lancieren, müssen wir entscheiden, welche Preisstrategie für das Produkt die optimale ist. Neben der Funktionalität (z.B. Alleinstellungsmerkmale des Produktes), Emotionalität und Ethik spielt auch die Preismacht eine große Rolle. Die Stärke der Marke (Brand Strength) kann die ethische Betrachtungsweise eines Produktes in den Hintergrund drängen (siehe RedBull Video – 2 Skifahrer starben bei den Aufnahmen).
Je nach Preismodell gibt es hier Unterschiede und manchmal helfen die besten Modelle nicht, wenn der Kunde das Preis-/Leistungsverhältnis des Produktes als nicht angemessen wahrnimmt.
Unsere Frage an Sie: Kennen Sie ein gutes Beispiel, wie ein Unternehmen seine Preisstrategie durchgesetzt hat? Welches Element war dabei das wichtigste, funktional, emotional oder ethisch? Hinterlassen Sie uns gerne einen Kommentar unten.
V. Warren Buffett: Markenstärke & Preismacht
1989 kaufte Buffett Gillette-Vorzugsaktien im Wert von USD 600 Mio für eine 11-prozentige Beteiligung an dem Hersteller von Rasierern und anderen Herrenprodukten. Ein Grund für Buffett war, dass es im Markt nur wenig Konkurrenz gab. Auch war Gillette’s Brand Strength sehr stark.
Der zweite Konkurrent war Edge von SC Johnson. 1993 hatte Edge in den USA einen 30%-Marktanteil und war damit führend in dieser Kategorie. Im Mai 2009 verkaufte SC Johnson sein Edge- und Skintimate-Rasierpräparat-Geschäft an Energizer Holdings Inc.
Energizer, dieses besass damals den dritten grossen Brand, das Schick-Wilkinson Rasiergeschäft.
Für Buffett war beim Investieren in Gillete interessant, dass der Markt für Gillette Produkte ein klassisches Oligopol war mit 2-3 grossen Anbietern (inkl. Eigenmarken, z.B. von Aldi). Pricing Power für Anbieter war somit attraktiv. Er behielt recht. Gillette wurde 2005 von P&G übernommen, was Buffett über Nacht einen Gewinn von USD 600 Millionen bescherte, wobei er jährlich mit Dividenden 14% Zinseszins bekam. Seit 1989 hatte sich diese Summe dabei auf USD 4.4 Milliarden summiert für ein Investment von USD 600 Mio.
Buffett war und ist stark an Marken interessiert, für welche der Kunde ein langfristige Nachfrage hat (tägliche Nassrasur mit Gillette Rasierer und Gel). Mit Hilfe der Markenstärke oder Brand Strength gilt es dann, die Preisstrategie richtig zu setzen.
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