Per Anhalter durch die Galaxis des Multisensorischen Marketings

Plötzlich erinnere ich mich an die Fahrt zu meinem allerersten Konzertbesuch von Chris de Burgh, mit dem ebenfalls ersten Freund, in seinem schick aufgemotzten Opel Kadett.

Im Opel hing ein grüner Wunderbaum, um den Zigarettenduft dort zu überlagern. Der Duft des Wunderbaums, den Marko Sarstedt zum Vortrag mitbrachte, löste diese Erinnerung aus.


Neuromarketing und Verkaufspsychologie

“Scotty bitte beamen” – bestimmte Düfte versetzen uns in die Vergangenheit. Situationen, die wir damit verbinden, tauchen plötzlich vor unserem inneren Auge auf. Ob wir wollen oder nicht. Dies wird in der Verkaufspsychologie angewandt.

Sehr unterhaltsam erzählt Prof. Dr. Marko Sarstedt über Menschen, die riechen, sehen, hören und wie diese Sinneseindrücke das Verhalten dieser Leute beeinflusst. Sarstedt fasziniert dabei die Wirkung von Gerüchen, da wir diese nicht abwehren können. Es gibt kein Mittel dagegen. Sie erfüllen uns, da wir Luft zum Atmen benötigen.

Wie nutzt die Deutsche Bahn diesen Umstand? Kann mit Multisensorischen Marketing die Verkaufsumgebung so gestaltet werden, dass die Warenkorbgröße steigt?

Dieser Beitrag ist eine Zusammenfassung unseres MC Lago Event Thema Neuromarketing mit Prof. Dr. Marko Sarstedt. Per Anhalter durch die Galaxis des Multisensorischen Marketings

Marko Sarstedt ist Professor für Marketing an der Ludwig-Maximilians-Universität München und außerordentlicher Professor an der Babes-Bolyai-Universität Cluj, Rumänien. Der Fokus seiner Forschung liegt auf der Verbesserung statistischer Analysemethoden, um Konsumentenverhalten besser zu verstehen.

Beim Vorstand vom Deutschen Marketing Verband (DMV) ist Marko Sarstedt zuständig für Wissenschaft / Innovation

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Neuromarketing und Verkaufspsychologie: Zitat von Patrick Süsskind zum Vortrag Multisensorisches Marketing
Neurmarketing. Zitat Süßkind über Parfüm. Vortrag Marko Sarstedt zum Einfluss von Geruch auf das Verhalten der Menschen


1.Verkaufspsychologie – Düfte und wie sie auf uns wirken

Ein Experiment im Supermarkt zeigte, dass das Einströmen von Melonenduft zu einer 30 % längeren Verweildauer und einem 23%igen Anstieg der Verkäufe führte. Allerdings ist es wichtig, dass der Duft zur Umgebung passt und als angenehm empfunden wird.

Zudem sollte er kulturell akzeptabel sein. Obwohl dies aus Forschersicht nicht besonders aufregend ist, ist es faszinierend, wie Düfte in der Lage sind, ein Kopfkino auszulösen.

Der Duft des Wunderbaums, den Marko Sarstedt zum Vortrag mitbrachte, löste diese Erinnerung aus.


2. Was frisch duftendes Brot mit der Warenkorbgröße zu tun hat

Brotgeruch animiert uns zum Kauf, wenn wir ihm nur kurz ausgesetzt sind. Sind wir ihm lang ausgesetzt, suggeriert das Gehirn Konsum und wir kaufen nicht mehr. Nach zwei Minuten Brotgeruch ist das Gehirn überlistet. Dann suggeriert es Verzehr und wir fühlen uns vermeintlich satt. Ähnlich verhält es sich im Restaurant mit offener Küche. Wenn man dem Geruch länger ausgesetzt ist, löst das Gehirn die Meldung aus, dass Nahrung aufgenommen wurde und eine Sättigung setzt ein. Studien zeigen: Bei nur bis maximal 30 Sekunden Brotduft wird mehr eingekauft, danach sinkt die Größe des Warenkorbes.

Ein weiterer Versuch fand im Buchgeschäft statt. Dort wurde ein Schokoladenduft ausgeströmt, der unter der Wahrnehmungsschwelle lag. In dieser Zeit wurden 30 % mehr Backbücher verkauft. Und das im Sommer! Das war keine bewusste Wahrnehmung und Entscheidung.

Bisher wurden diese Feldstudien immer punktuell durchgeführt. Die Forscher fragten sich, was passiert, wenn man Düfte da einsetzt, wo man langfristig und immer wieder einem Duft ausgesetzt wird.


3. Kann ein Duft erregte Bahnfahrer besänftigen?

Die Deutsche Bahn hat es getestet! In einer Versuchsreihe über einen längeren Zeitraum wollte die Bahn einen Duft kreieren, der zur Marke der Bahn passt.

Es standen zwei Düfte zur Auswahl: einen belebenden und einen entspannenden. Beide wurden als angenehm wahrgenommen, aber die Bahn entschied sich für den entspannenden Duft, da Bahnfahrer manchmal erregt sind. In den ersten Feldstudien wurde getestet, welche Intensität nötig ist. Der Duft sollte unter der Wahrnehmungsschwelle liegen, aber eine Reaktion auslösen. Es wurde die höchste Intensität gewählt.

Zitate von Bahnkunden nach der Befragung Intensität des Duftes
Multisensorisches Marketing. Folien von Prof. Dr. Marko Sarstedt.

Die Ergebnisse der Feldstudie mit der Deutschen Bahn waren beeindruckend: Pendler wurden zwischen 6 und 10 Uhr auf einer Bahnstrecke von München in eine andere Stadt befragt und ihre Wahrnehmung der Bahn als Marke, Dienstleistungsqualität, Servicezufriedenheit und mehr wurden abgefragt.

Vorweg: Die Gesamtzufriedenheit stieg mit Ausströmen des Duftes an.

Ergebnisse der Feldstudie Deutsche Bahn

Die Erwartung war, dass die Zufriedenheit mit der Zufuhr des Duftes ansteigt, aber dann ein Gewöhnungseffekt eintritt. Überraschenderweise war dieser Effekt in den Ergebnissen nicht erkennbar.

Einige Punkte gingen zwar nach unten, aber statistisch nicht signifikant. Der Grund dafür war, dass keiner den Geruch wirklich wahrgenommen hat. Nur eine Frau hat rational erfasst, dass sie meinte, einmal etwas gerochen zu haben.

Die Bahn setzt in überregionalen Zügen die Beduftung immer noch ein. Hauptsächlich in den Toiletten, da werden Düfte eingesetzt, die unsere Rezeptoren für Uringeruch blockieren. Das suggeriert Sauberkeit.


Nicht nur der Duft selbst bestimmt das Verhalten von Menschen

Kalte versus warme Düfte

Wird ein vermeintlich warmer Duft ausgeströmt wie z.B. Vanille, wird etwa ein Raum in einem Restaurant als wärmer oder kälter empfunden. Dementsprechend wird eher ein warmes oder kaltes Gericht bestellt.

Feminine versus maskuline Düfte

Es gibt einen typisch weiblichen Duft, wie Aprikose, Apfel, Pfirsich oder typisch männliche Düfte wie Kaffee, Holz oder Rosmarin. In der Herrenabteilung eines Bekleidungsgeschäftes wird die Verkaufsumgebung als stimmiger wahrgenommen und es wird mehr gekauft, wenn dort ein stimmiger männlicher Duft verströmt wird.

Ist der Duft nicht zur Umgebung passend, wird das vom Konsumenten als störend empfunden, ohne dass er sagen kann, woran das liegt. Ähnliches gilt für Lichtverhältnisse, warme (Teppich) oder eher sterile Böden und die Musikauswahl im Verkaufsraum.


Multisensorische Kongruenz

Welcher Wein darf’s denn sein?

Die Anordnung von Angeboten in verschiedenen Preisgruppen sorgt für eine Verschiebung der Kaufentscheidung. Im Vergleich ein billiger Wein, ein Wein im mittleren Segment und daneben ein sehr hochpreisiger Wein.

Sobald der hochpreisige Wein in der Auswahl dazukommt, entscheiden sich mehr für den Wein im mittleren Preissegment. Gerade wenn wir uns nicht mit den Produkten auskennen, etwas keine Weinkenner sind, tritt der Effekt mit höherer Wahrscheinlichkeit ein. Der Effekt nennt sich Kompromisseffekt.

Ergebnisse: Welcher Wein darf es denn sein? Multisensorische Kongruenz


4. Schlussfolgerungen: Neuromarketing und Verkaufspsychologie

Für alle, die mehr über Verkaufspsychologie bzw. verkaufsfördernde Maßnahmen wissen möchten, hier eine Buchempfehlung: Multisensorisches Design von Verkaufsumgebungen von Marko Sarstedt und Monika Imschloss.

Verkaufspsycholgie: Buchempfehlung Multisensorisches Marketing
Verkaufspsychologie: Lesetipp – Multisensorisches Design von Verkaufsumgebungen.
Darf es noch ein wenig Wein sein? Corina Rieflin und Marko Sarstedt beim Netzwerken nach dem Vortrag Verkaufspsychologie - Multisensorisches Marketing für Verkaufsumgebungen. Foto: Sabine Schilling
Darf es noch ein wenig Wein sein? Corina Rieflin und Marko Sarstedt beim Netzwerken nach dem Vortrag. Foto: Sabine Schilling
Netzwerken nach dem Vortrag mit Seesicht vor der Villa Prym in Konstanz.
Von links nach rechts: Andy Hostettler, Urs E. Gattiker, Marka Sarstedt, Silvia Wilkes und Corina Rieflin. Foto: Sabine Schilling
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5 Antworten

  1. Lieber Marketing Club Lago,
    Liebe Sabine,

    zunächst möchte ich nochmal DANKE sagen für dieses tolle Event. Es war ein richtig spannendes Thema mit vielen Einblicken! Ein toller Referent! Ein schöner Abend! Mehr davon!

    Der Blogbeitrag ist wieder mal super und ausführlich und gibt das Thema sehr gut wieder. Vieles kennt man und doch ist man immer wieder überrascht, wenn man tiefer ins Thema geht. Besonders spannend fand ich die Themen
    “Multisensorische Kongruenz” und wie der Duft das Verhalten von Menschen beeinflusst.

    Ich arbeite in einem technischen Bereich, Industrielle Computersysteme für verschiedene Branchen und Industrieanwendungen. Wir überlegen nun, auf der nächsten Messe mit Düften zu arbeiten. Danke für diese Idee.

    Viele Grüße
    Silvia

    1. Liebe Silvia,
      vielen Dank für deine Rückmeldung. Du musst unbedingt bei einem der nächsten Events berichten, wie es mit den Düften bei der Messe ankam.
      Ich bin schon sehr gespannt auf unser nächstes Thema: Headhunting in Zeiten von Vollbeschäftigung mit Klaus J. Schiller. Ich hoffe, du bist dabei!

      Viele Grüße
      Sabine

      1. Liebe Sabine,

        leider muss ich beim nächsten Event passen. Aber wie immer werdet ihr eine tolle Zusammenfassung des Abends machen.

        In diesem Jahr haben wir keine Messe mehr – aber in 2024 geht es wieder los. Natürlich werde ich berichten wie der Duft das Besucherverhalten “beeinflusst” hat.

        Viele Grüße,
        Silvia

  2. Sehr interessanter Beitrag
    Der #MCLago hat immer so wirklich gute Events.
    Schade … bin zu weit weg um an diesen teilzunehmen. Aber ich geniesse immer wieder die Blog Einträge, da kriegt man wenigstens einen Ueberblick.
    Salue
    Peter

    1. Lieber Peter,

      vielen Dank für dein Feedback. Schön, dass du regelmäßig unsere Blogbeiträge liest! Ich habe eine gute Neuigkeit für dich: demnächst starten wir eine Reihe “Montags-Talk” mit verschiedenen Speakern als Webinar!
      Vielleicht treffen wir uns dort dann virtuell. Ich würde mich freuen.

      Viele Grüße
      Sabine

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