ChatGPT & Co trifft Marketingexperte

Macht Künstliche Intelligenz in Form von ChatGPT & Co die Arbeit von Marketingexperten überflüssig?

“Künstliche Intelligenz (KI) und Co im Marketing – warum andere auf einmal so viel schneller sind” – Hans Piechatzek leitet eine große Agentur und treibt sein Team seit Ende 2022 an, ihre Experten-Rollen zu prüfen.

Durch die KI wird die Erstellung von Inhalten schneller und zugänglicher. Bisher lag der Produktivitätsvorsprung von Marketingexperten bei ihrer fachlichen Kompetenz. KI ändert diese Dynamik. In dieser neuen Landschaft wird die Bedeutung von Inhalten und Kampagnen entscheidend sein. Fachleute müssen daher ihren Ansatz überdenken, um weiterhin als Experten angesehen zu werden. Sie müssen sich mit der KI vertraut machen und herausfinden, wie sie ihre Fachkenntnisse mit der Technologie kombinieren können, um ihre Arbeit auf ein höheres Niveau zu bringen.

ChatGPT: Wenn Science-Fiction zur Alltagsrealität wird

Wer erinnert sich nicht an die Tage, als uns autonomes Fahren, Virtual Reality und Sprachassistenten als die Technologien der Zukunft verkauft wurden? Die Realität zeigt, dass keines dieser Versprechen im Alltag so recht Fuß fassen konnte. Doch Halt! Dann kam im Oktober 2022 plötzlich ChatGPT auf die Bildfläche – ein KI-Tool, das uns alle mit offenem Mund zurückließ und die Art und Weise, wie viele Branchen arbeiten, revolutionierten wird.

Marketingexperten diskutieren die Auswirkungen von ChatGPT und Co auf ihr Berufsfeld.
Marketingexperten diskutieren die Auswirkungen von ChatGPT und CO.


1. Die Revolution von ChatGPT

Also, was ist nun dieser ChatGPT? Ein produktives Arbeitswerkzeug, das die täglichen Aufgaben von Marketingexperten schneller und manchmal sogar besser erledigen kann als sie selbst. Die Köpfe der Marketingagentur “move:elevator” haben das schon Ende 2022 geahnt. Hans Piechatzek, strategischer Vordenker, stellte sich mit seinem Team die Frage, wie sie mit dieser neuen Technologie umgehen sollten. Zu Beginn herrschte die Angst, bald arbeitslos zu sein. Das Team fand heraus, dass ChatGPT nicht nur verblüffend schnell, sondern auch erstaunlich vielseitig ist.


2. Die Möglichkeiten von ChatGPT

Man muss kein Raketenwissenschaftler sein, um mit ChatGPT zu arbeiten. Man kann sich einfach mit ihm unterhalten, als wäre es ein Kollege. Die Ergebnisse etwa von Midjourney bei der Ästhetik von Bildern ist überzeugend.

Beispiel Chat von Marketingexperten der Agentur move:elevator bei Midjourney.
Beispiel Chat von Marketingexperten der Agentur move:elevator bei Midjourney.

Das Team um Piechatzek gesteht sich ein, dass die Arbeitsfelder Text, Design und Quellcode in Zukunft betroffen sind. Profis müssen sich neu erfinden, denn die KI bringt den Output von Einsteigern auf ein neues Level. Und jeder muss seinen Wert beweisen – denn mit KI kann jetzt jeder zum Produzenten werden.

„Ich glaube, wir sind mit einer ziemlich heißen Fracht unterwegs.“

Hans Piechatzek, Event: MCLago, Konstanz vom 14. Juni 2023
Die einzelnen Arbeitsschritte einer Marketingagentur. Unterteilt in Bereichen, wo KI sehr einfach zu nutzen ist und wo es anspruchsvoller ist, eine Bedeutung zu gewinnen.
Der Marketingprozess, gegliedert in die verschiedenen Schritte und der Nutzen der KI für den jeweiligen Schritt. Schaubild Piechatzek.


3. Die Schattenseiten der künstlichen Intelligenz

Die Ergebnisse beim Testen der KI von den Marketingexperten zeigen allerdings eines sehr deutlich: Es gibt einige Tücken!

  • Nonsens – ChatGPT spuckt Ergebnisse aus, die sind schlichtweg falsch! Die Informationen und Quellenangaben sind unzuverlässig.
  • Plagiate – Urheberrechte werden verletzt. Es kann nicht geprüft werden, ob es Urheberrechte gibt. Zudem könnten andere Nutzer das gleiche Ergebnis bekommen. Piechatzek: “Uns muss klar sein, wir wissen nicht, wie die KI zu dem Ergebnis kommt. Das Meiste basiert auf Bestehendem. Kann es echte Schöpfung geben?”
  • SEO Inhalte – Suchmaschinenoptimierung und Googles Haltung gegenüber KI-generierten Texten sind kritisch, da Google KI-Texte oft nicht bevorzugt, was die Sichtbarkeit beeinträchtigen kann.
  • Pixelsuppe – Noch keine Vektoren, keine Ebenen, Texte in Grafiken sind nicht editierbar.


4. Piechatzeks Thesen zur Zukunft der KI im Berufsfeld


These 1: Es reicht in Zukunft nicht mehr, einfach nur Marketingexperte zu sein – weil KI den Output von Einsteigern auf ein neues Level bringt. Wer weiterhin Experte sein will, muss sich neu positionieren.

Hans Piechatzek betont, dass KI die Fähigkeit hat, die Produktivität von Einsteigern erheblich zu steigern. In der Vergangenheit lag der Produktivitätsvorsprung bei fachlicher Kompetenz, aber KI ändert diese Dynamik. Fachleute müssen daher ihren Ansatz überdenken, um weiterhin als Experten angesehen zu werden. Sie müssen sich mit der KI vertraut machen und herausfinden, wie sie ihre Fachkenntnisse mit der Technologie kombinieren können, um ihre Arbeit auf ein höheres Niveau zu bringen.

Unsere Events: ChatGPT & Co trifft Marketingexperte 2024.
Bisher lag der Produktivitätsvorsprung bei fachlicher Kompetenz, aber KI ändert diese Dynamik. Schaubild Hans Piechatzek.

These 2: Die Gefahr steigt, in der Masse unterzugehen. Denn KI erhöht den Output quantitativ enorm. Relevanz wird wichtiger denn je.

Durch die KI wird die Erstellung von Inhalten schneller und zugänglicher. Piechatzek weist darauf hin, dass diese erhöhte Produktion dazu führen kann, dass der Markt mit Inhalten überschwemmt wird, was es schwierig macht, sich abzuheben. In dieser neuen Landschaft wird die Relevanz entscheidend sein. Inhalte müssen nicht nur in großer Menge, sondern auch von hoher Qualität und Bedeutung für das Publikum sein.

These 3: Wer nur auf KI setzt, hat es schwer mit Konsistenz und dem Erreichen strategischer Ziele. Die Ergebnisse beeindrucken – sind aber Zufallsprodukte und nicht replizierbar.

Piechatzek macht deutlich, dass, obwohl KI beeindruckende Ergebnisse erzielen kann, die Ergebnisse oft inkonsistent sind und von Zufall geprägt sein können. Wer ausschließlich auf KI setzt, könnte Schwierigkeiten haben, strategische Ziele zu erreichen. Es ist wichtig, die KI als Werkzeug zu betrachten und sie mit menschlichem Urteilsvermögen und strategischer Planung zu kombinieren.

These 4: „Prompt Engineering“ ist die neue Superpower in Stellenausschreibungen von Marketingexperten! Wir brauchen Fach- und KI-Wissen. Denn die Qualität der Ergebnisse hängt von der Qualität der Eingaben ab.

Hier hebt er hervor, dass es darauf ankommt, die KI bestmöglich zu bedienen. Und die Ergebnisqualität zu bewerten. Deshalb wird sich nicht nur die Arbeit verändern. Es werden rasant neue Berufsbilder entstehen.

These 5: Es wird unerlässlich, die Wirkung von Maßnahmen zu messen, statt blind zu vertrauen. Denn die KI weiß nicht, was bei Menschen wirkt.

Piechatzek betont, dass es wichtig ist, kritisch zu bleiben und die Ergebnisse der KI zu überprüfen. KI kann zwar schnell Inhalte erzeugen, aber sie versteht nicht unbedingt, was für Menschen relevant und wirkungsvoll ist. Es ist unerlässlich, die von der KI erstellten Inhalte und Strategien zu messen und zu analysieren.


5. Ausblick für Unternehmen und Agenturen

KI ist da, und sie wird nicht verschwinden. Sie ist wie ein Tornado, der durch die kreativen Bereiche fegt und Möglichkeiten bietet, von denen manche nicht einmal zu träumen wagten. Aber das ist kein Grund zur Angst – vielmehr eine Chance. Es ist an der Zeit, die Ärmel hochzukrempeln und zu erforschen, wie KI uns unterstützen und weiterbringen kann. Die klügsten werden neue Wege finden, um die Fähigkeiten der KI zu nutzen und gleichzeitig die Qualität ihrer Arbeit zu erhalten. Wer hingegen den Zug mit der KI verpasst, wird sich künftig wundern, warum alle anderen so viel schneller fertig sind. Das gilt für Unternehmen – aber auch für jeden Einzelnen.

Noch notwendiger ist allerdings die rechtliche und politische Aufgabe, “den Mangel an Regulierung in der KI-Branche, die derzeit kaum überwacht wird und ein Großteil der Forschung im Dunkeln stattfindet” zu beseitigen!

Die TIMES bringt es im lesenswerten Artikel auf den Punkt: “Die Regulierung muss proaktiv und nicht reaktiv erfolgen. Wenn hier etwas schiefgeht, haben wir möglicherweise keine Chance, das Problem zu beheben.”

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9 Antworten

  1. Danke an Hans für diesen Super Beitrag und an Sabine für die tolle Zusammenfassung.

    Das war ein sehr spannender Abend.

    Was mich faszinierte waren natürlich die Beispiele mit KI. Unglaublich wie gut diese von AI hergestellten Logos und Slogans ausschauen.

    Am vergangenen Mi – Tag von Hans Piechatzeks Vortrag – hat sich das EU-Parlament auf eine Position für die Regulierung von KI geeinigt. Diese soll Anwndungen verbieten, die mit hohen Risiken für die Sicherheit verbunden sind, wie z.B. Gesichtserkennung.

    Nun werden die Verhandlungen zwischen EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission über den endgültigen Wortlaut des Gesetzes beginnen.

    2026 könnte eine KI-Verordnung in Kraft treten.

    Parlament bereit für Verhandlungen über Regeln für sichere und transparente KI

    Vollständiges Verbot von künstlicher Intelligenz (KI) für biometrische Überwachung, Emotionserkennung und vorausschauende Polizeiarbeit
    Generative KI-Systeme wie ChatGPT müssen angeben, dass Inhalte mithilfe von KI erstellt wurden (Urs: auch bei von KI erstellten Fotos müssen diese gekennzeichnet werden)
    Zur Beeinflussung von Wählern eingesetzte KI-Systeme gelten als hochriskant

      1. 2026 ja ist eine lange Zeit, klar aber das geht nicht anders.
        Ebenfalls muss das Gesetz ja eine Vorlaufzeit haben. Das heisst allen Parteien oder Marktteilnehmer:innen müssen ja mindestens 12 Monate Zeit bekommen oder noch mehr (siehe DSGVO) bis die Verordnung in Kraft tritt. Erst ab diesem Zeitpunkt werden dann Bussen verhängt.

  2. Interessanter Bericht.
    Virtuelle Wesen die mit KI gesteuert werden sind ja schon heute beim Influencer Marketing bekannt.

    Schwierig wird es z.B. wenn sich der Avatar auch mit Menschen auf Fotos zeigt.
    Sind die Menschen echt oder auch von KI generiert?

    Bei Colonel Sanders (der echte ist verstorben aber sein gestyltes Image ziert immer noch Kenntucky Fried Chicken, KFC Logos, Werbematerial, Ads, usw.) wurde dieser als virtueller Influencer re-launched.. Doch es gibt so viele Konten auf Instagram, wer nun das “echte” Avatar von KFC ist oder nicht, kann man kaum feststellen!

    Bei Imma https://www.instagram.com/imma.gram/ ist es ähnlich wie bei Lil Miquela (Screenshot unten) was Mensch ist und was unecht von KI oder einem anderen Programm generiert ist unklar.

    Wir sind gespannt wie das die EU KI Regularien anpacken, der Teufel liegt im Detail… was ist ok und was nicht wenn wir KI einsetzen. Muss ich z.B. sagen, wenn das KI mein Logo erstellt hat?

    Grüessli an den Bodensee.
    DrKPI Avatar

    Siehe Lil Miquela hier: https://mclago.com/wp-content/uploads/2023/06/Lil-Miquela-Avatar-als-Influencer-auf-Instagram-Prada-Calvin-Klein-Samsung.png
    auf Instagram: https://www.instagram.com/p/CtwpSoJpigj/

    Ob dies aber wirklich dazu führt, das künstliche Intelligenz erschaffene Influencer die “echten” Influencer:innen ersetzen wie einige Journalisten glauben, ist nicht so sicher. Authentizität fehlt hier ganz sicher…

    1. Lieber DrKPI Avatar,
      danke für deinen Kommentar! Ich persönlich halte eine Kennzeichnungspflicht für sinnvoll. So, dass jeder erkennt, was von KI erstellt wurde. Werbung muss etwa auch als solche gekennzeichnet werden. Ein Urteil kann sich dann jeder persönlich bilden.
      Beste Grüße
      Sabine

  3. Vielen Dank für diese tolle Zusammenfassung! Es war ein wunderschöner Abend bei euch – und ich habe insbesondere die spannende Diskussion genossen! Schauen wir mal, was die EU-Gesetzgebung am Ende bringen wird. Ich finde es aber gut, dass Europa sich als erstes auf den Weg macht!

  4. Gene­ra­tive KI hat zwei­fel­los Anwen­dun­gen auf der krea­ti­ven Seite der Wer­bung. Einer ist, dass es klei­ne­ren Unter­neh­men hel­fen kann, sich gegen die großen Mar­ke­tin­g­aus­ga­ben bei Mars, Dia­geo und der­glei­chen zu behaup­ten. Die krea­ti­ven Köpfe der Agen­tu­ren, die diese Woche die besten Hos­pi­ta­lity-Spots in Can­nes beset­zen, sind in der Regel teuer zu mie­ten: Sie müs­sen für all diese Par­tys irgend­wie bezah­len. Ich bin auf ein paar Bei­spiele gesto­ßen, eines davon bei Sirius XM, dem US-Radio­sen­der. Es ist geplant, KI zu ver­wen­den, um Anzei­gen für klei­nere Unter­neh­men zu erstel­len, ihnen eine Aus­wahl an KI-gene­rier­ten Pit­ches anzu­bie­ten und ihre Aus­wahl dann von einer KI-Stimme und nicht von teu­ren “Spre­chern” lesen zu las­sen. Das Ergeb­nis wird wahr­schein­lich nicht so über­zeu­gend sein wie eine mensch­li­che Pro­duk­tion, aber es wird bil­li­ger und schnel­ler sein.

    In ähn­li­cher Weise ver­wen­dete die Mar­ke­ting­gruppe McCann World­group KI, um 42.000 indi­vi­du­elle Schil­der und Menüs für 8.400 Besit­zer mexi­ka­ni­scher Hot­dog- und Ham­bur­ger­stände zu erstel­len, die Kun­den ihres Kun­den Bimbo, der Bäcke­rei­gruppe, sind. Ein KI-gestal­te­tes Fast-Food-Dis­play kann Sie zwar nicht mit McDo­nald’s oder KFC gleich­set­zen, aber es hilft alles.

    KI kann auch bei der inef­fi­zi­en­ten Erstel­lung von Kam­pa­gnen für große Unter­neh­men hel­fen. Anstatt viele erste Ideen von Hand zu ver­spot­ten, kön­nen sie von KI zum Leben erweckt und dann ver­wor­fen — oder für die zukünf­tige Ver­wen­dung in einer Daten­bank gespei­chert — wer­den, wenn eine oder zwei aus­ge­wählt wer­den. Men­schen wür­den immer noch die end­gül­tige Anzeige pro­du­zie­ren, wobei das rou­ti­ne­mä­ßige Zeug auto­ma­ti­siert wäre.

    Read more: https://digitaledition.ft.com/1389/20230624/281741273848968

    1. Lieber John Gapper,

      danke für dein Kommentar! Ja, KI wird ähnlich der Industrieroboter, die menschliche Arbeit ersetzt haben, Prozesse bei Kreativ- und Arbeitsschritten automatisieren. Gewinner sind Agenturen, die sich früh mit den Themen beschäftigen und implementieren. Danke für die Nennung deiner Quelle! Interessante Beispiele.
      Viele Grüße
      Sabine

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